Augenöffnendes Interview mit Peter Schulte
Inhaltlicher Auszug eines Interviews mit der European Times vom 23. Juli 2023
- Im Verlauf des Gesprächs geht Schulte auch auf seine Erfahrungen mit Scientology ein, einem Thema, das die Öffentlichkeit nach wie vor in Atem hält.
- Durch akribische Recherchen und Analysen deckt er die soziologischen Faktoren auf, die zur Stigmatisierung dieser religiösen Bewegung geführt haben.
- Dabei stellt er die vorherrschenden Wahrnehmungen in Frage und wirft Fragen über gesellschaftliche Werte und Moral auf, die zum Nachdenken anregen.
- Schulte bietet eine neue Perspektive auf das „Sektenproblem“ und plädiert für einen nuancierteren und objektiveren Ansatz zum Verständnis neuer Religiosität und Spiritualität.
Zur Person: Peter Schulte hat 1998 als Sozialwissenschaftler promoviert.
In seiner Laufbahn beim Land Tirol von 1998 bis 2010 war Schulte als Vertreter von Ideologien und Sekten mit verschiedenen Perspektiven und spannenden Lebensgeschichten konfrontiert. Er arbeitete dort mit Informationsunterlagen von diversen kirchlichen, staatlichen und auch von privaten Sektenberatungsstellen aus Deutschland und Österreich. Die Signale waren eindeutig: Die Gefahr durch sogenannte Sekten sei sehr groß, hieß es da und die Informationsunterlagen wären die „Waffen“ dazu. Entgegen den konventionellen Erwartungen stellte er fest, dass die wahre Natur dieser Dinge viel komplexer und mit der Gesellschaft verflochtener ist als bisher angenommen.
- Die Erfahrungen bei seinen Beratungen dort machten ihn skeptisch.
- Bei den Menschen, die direkt zu ihm in die Beratung kamen, ging es um konkrete Alltagsprobleme, die offenbar in Zusammenhang mit sogenannten Sekten zu stehen schienen.
- Bei genauerer Betrachtung zeigte sich aber oft, dass ihre Probleme komplexer und weitreichender waren und das verursachende Problem – nämlich die sogenannte Sekte – nur ein Teil des gesamten Interaktionssystems war. Dabei wurde versucht, die “Sekte” dafür verantwortlich zu machen.
- Einige Hilfesuchende waren in derart schlechter Verfassung, dass sie nicht mehr beratungsfähig waren. Sie glaubten an Verschwörungstheorien und fremde Mächte, die sie in ihren Handlungen einschränken und manipulieren würden.
- Solche Beobachtungen werden in der Beraterszene völlig ignoriert, obwohl sie aus seiner Sicht eine wichtige Diskussionsgrundlage zum Thema des Umgangs mit sogenannten Sekten bilden.
Feststellungen von Peter Schulte zum Thema Scientology:
Scientology dient vielen Menschen als Projektionsfläche für das Böse schlechthin.
- Dabei ist es völlig unerheblich, ob die Vorwürfe wahr oder falsch sind, Hauptsache sie dienen der Aufrechterhaltung von Mythen über sogenannte Sekten.
- Die Beraterszene gibt sich sehr viel Mühe, dieses Bild zu transportieren und zu erhalten.
- Es machte ihn nachdenklich zu lesen, dass bei vielen Beratungsstellen Scientology ganz oben bei den Anfragen ständen.
- Während seiner aktiven Zeit erwartete er Mitglieder von Scientology, die Hilfe, Begleitung und Beratung bei ihrem Ausstieg suchten. Aber niemand kam bei ihm vorbei.
- Stattdessen kamen ausstiegswillige Menschen aus anerkannten Kirchen zu ihm, meist höhere Funktionäre, die mit der Kirchenautorität nicht zurechtkamen.
- Warum entsteht einseitige, haarsträubende Berichterstattung?
- Am bis heute fehlenden offenen Diskurs über Scientology.
- Speziell auch die Antwort auf die generelle Frage nach der Bedeutung von neuer Religiosität und Spiritualität in einer unübersichtlich gewordenen Welt.
- Ein weiteres Problem sieht er in der Aufgabe der klassischen Medien, gesicherte Informationen und Fakten zu veröffentlichen.
- Statt diese Aufgabe wahrzunehmen, seien diese aber häufig gezwungen, wegen dem Aufkommen von Social Media und neuen Informationskanälen, Aufmerksamkeit zu erzeugen, damit ihre Leserschaft nicht abspringt.
Peter Schulte hat einige Zeit danach ein Buch geschrieben.
Er wollte seine Beobachtungen und Erfahrungen einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, sozusagen einen neuen Impuls in die Diskussion einbringen.
Heraus kam eine populärwissenschaftliche Analyse, welche das Thema auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet.
Wieso widmet sich das neue Buch ganz dem Thema Scientology?
Durch seine Erfahrungen war Peter Schulte motiviert, jahrelang intensiv dafür zu recherchieren, Unterlagen durchzuarbeiten und Interviews zu führen.
- Seine Fragestellungen:
- Wie kam es zu dieser Kontroverse?
- Wieso wird Scientology vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet
Welche soziologischen Faktoren beeinflussen das gesellschaftliche Bild über Scientology?
Was er herausfand
- Allein die Akteneinsicht in die Unterlagen der deutschen Bundesregierung zeigt, wie dünn die Datenlage eigentlich ist und das Scientology eigentlich seit 1997 ohne jegliche Grundlage vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
- An Scientology kann der gesellschaftliche Umgang mit dieser Neuen Religiösen Bewegung und die soziologischen Faktoren von Ausgrenzung und Stigmatisierung beobachten werden.
- Dabei geht es in dieser Diskussion weder um Tatsachen oder Wahrheit, sondern um den Umgang mit Werten und Moral.
- Eine religiöse Bewegung, welche die Vergangenheit der Psychiatrie und generell deren Methoden anprangert, hat es in Deutschland noch nicht gegeben.
- Gleichzeitig konnte er beobachten, dass einige Interessengruppen sehr intensiv daran arbeiten, sogenannte Aussteiger als repräsentativ für die ganze Gemeinschaft zu darzustellen, mit dem Ziel, ein negatives Bild über Scientology in der Gesellschaft zu verbreiten.
- Er hatte manchmal den Eindruck, als wenn hier der Versuch unternommen wurde, von den Entgleisungen in den Amtskirchen abzulenken.
- Sociology Unplugged: Peter Schultes aufschlussreiches Interview über „Sekten“ und „Kulte“
Wie wurde auf das Buch reagiert?
Peter Schulte hatte mehr erwartet:
- Mehr moralische Entrüstung.
- Mehr Auseinandersetzungen und mehr Diskussionen.
- Obwohl mehrere Tausend Bücher im Umlauf sind, kam es ihm so vor, als wenn das Buch totgeschwiegen wird.